Die der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.
„Gott der Herr segne Reden und Hören. Amen.“
Liebe Gemeinde,
ich habe in Südafrika einen Bekannten, der Viehbauer ist. Eine Riesenwirtschaft hat er, mit über 600 Tieren. Und, weil die Wetterverhältnisse es eben zulassen, verbringt das Vieh dort 12 Monate draußen auf der Weide. Auf etwa zweitausend Hektar. Wie gesagt, eine Riesenwirtschaft ist das!
Aber manchmal muss das Vieh doch zusammengetrieben werden, um es auf eine neue Weide zu bringen oder weil es medizinisch versorgt werden muss. Dann muss man mühsam die Herde zusammentreiben.
Er hat mich einmal mitgenommen. Ich dachte mir: Kann doch wohl nicht so schwer sein. Weit gefehlt! Das hat mehrere Stunden gedauert, zum einen, weil es so viele Tiere waren, aber auch, weil das Gelände einfach riesig und zum Teil recht uneben und hügelig war.
Ich weiß nicht, ob ihr schon mal eine Herde Vieh vor euch hergetrieben habt, liebe Gemeinde, aber ihr könnt es mir glauben: das ist wirklich nicht ohne! Man muss die Tiere immer im Blick haben, mal nach rechts bewegen, mal nach links. Und man muss dabei immer einen Riesenlärm machen: Rufen, Pfeifen oder eben mit der Peitsche knallen. Einen Riesenlärm machen, damit das Vieh aufgescheucht wird und sich in Bewegung setzt.
Sich vom Geist Gottes “treiben” lassen - so übersetzt Luther. Sich treiben lassen – das klingt ein wenig so, wie wenn man eine Herde Vieh treibt. Wenn man hinterher geht, mit der Peitsche in der Hand, und mühsam das Vieh in die gewünschte Richtung zwingt. Die der Geist Gottes treibt - die er mühsam vor sich herdrängt.
So, ihr Lieben, könnte man diesen Vers leicht missverstehen!
Tatsächlich steht im griechischen Urtext an dieser Stelle das Verb “agw” - Luther übersetzt es mit “treiben”, es bedeutet aber auch “geführt werden” oder “sich leiten lassen”. Also: Diejenigen, die sich vom Geist Gottes leiten und führen lassen, die sind Gottes Kinder. Wir werden vom Geist Gottes geleitet und geführt, wie ein liebender Vater seine Kinder leitet und führt. Das hat nichts mit Zwang oder mit Pflicht zu tun! Es ist freiwilliges Folgen, nicht zwanghaftes Drängeln. “Die der Geist Gottes leitet und führt, die sind Gottes Kinder.”
Aber was beinhaltet dieses Leiten und Führen? Wie nehme ich das wahr? Wie weiß ich, dass ich tatsächlich vom Geist Gottes geleitet werde? Es könnte ja auch ein anderer Geist sein, der mich leitet und führt und mein Leben bestimmt.
Wenige Kapitel zuvor, in Römer 2, schreibt Paulus: Weißt du nicht, dass Gottes Güte zur Buße “se agei”? Dass Gottes Güte zur Buße dich leitet? Paulus benutzt hier genau das gleiche Verb: “agw”. Und Luther übersetzt an der Stelle in Römer 2 tatsächlich das Wort “agw” mit “leiten”. “Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße leitet?”
Das Leiten und Führen des Geistes Gottes hat erstmal weniger damit zu tun, was ich morgen früh anziehen werde, wann ich zur Arbeit fahre oder in welches Geschäft ich gehe. Es hat wenig damit zu tun, welche politische Partei ich wähle oder welches Auto ich kaufe. (Klar, ich kann in allen diesen Fällen um Leitung und Führung durch Gottes Geist bitten und auch erhoffen!)
Aber das Leiten und Führen durch den Geist Gottes hat einen viel Tieferen, einen geistlichen, Sinn. Es hat eine viel wichtigere Absicht: es geht um Buße! Es geht um deine Seligkeit! Es geht darum, dass dich der Geist Gottes hierher in den Gottesdienst führt, damit dir deine Sünden vergeben werden. Damit du im Heiligen Abendmahl Christi Leib und Blut empfängst zur Stärkung deines Glaubens. Damit du mit lauterem Herzen und reinen Lippen – so, wie wir es im Rüstgebet gesprochen haben – diesen Gottesdienst feiern und Gott loben und preisen kannst, getreu dem Wochenspruch: Lobe den Herrn, meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!
Du wirst geleitet und geführt - hierher, heute morgen! Du wird geleitet und geführt im Glauben an Jesus Christus. In der Gemeinschaft mit ihm. Das ist es im Kern, was Paulus meint, wenn er sagt: die der Geist Gottes leitet, die sind Gottes Kinder.
Und, wer Kind ist, ist auch Erbe. Und wer Erbe ist, der bekommt nicht nur einen bedeutungslosen Titel, der heißt nicht nur Erbe, sondern er ist es auch. Er bekommt etwas dafür. Du bist Kind Gottes, und du bekommst als Erbe Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit.
Ihr Lieben, wir bekommen das alles, weil der Geist Gottes uns hierher geleitet und geführt hat. Er hat dich nicht hierher getrieben, mit der Peitsche in der Hand. Nein, er hat dich hierher geleitet und geführt, wie ein liebender Vater seine Kinder – dich und mich - leitet und führt.
Wir tun gut daran, zu folgen. Nicht aus Zwang, sondern freiwillig. Nicht aus Angst, sondern voller Hoffnung und Freude.
14 Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. 15 Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater! 16 Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind. 17 Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, wenn wir denn mit ihm leiden, damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.
Amen.
Der Friede Gottes, welches höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Pastor Roland C. Johannes
September 2024