O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! Denn »wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen«? Oder »wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm zurückgeben müsste?« Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen
Liebe Gemeinde,
der Tisch ist gedeckt, der Altar hier vorne bereitet und geschmückt. Unsere Gastgeber Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist haben Platz genommen. Sie haben auch heute wieder eingeladen zu einem Fest und wir sind die Gäste.
Doch was gibt es denn eigentlich zu feiern? Trinitatis, das Fest der Dreieinigkeit bzw. Dreifaltigkeit. Und Paulus steht auf und ergreift das Wort und hält eine kleine eröffnende Festrede:
O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! Denn »wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen«? der »wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm zurückgeben müsste?« Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.
Was soll mensch da noch sagen? Was für eine schöne Rede?! So schöne, poetische Worte, die auch ein wenig geheimnisvoll scheinen. Mit diesen Worten ist alles gesagt und doch bleibt vieles auch rätselhaft.
Und da stehen nun diese drei Fragen im Raum:
„Wer hat des Herrn Sinn erkannt?“,
„Wer ist sein Ratgeber gewesen?“
„Wer hat ihm etwas gegeben, dass Gott es ihm zurückgeben müsste?“\
Ich fühle mich erinnert an meine Kindheit und Jugend, in der ich mit Begeisterung die Drei ??? gelesen habe. Hören tue ich die Hörspiel-Krimis auch heute noch gerne.
Als die Drei in ihrem allerersten Fall ihre Visitenkarte abgeben erfahren wir das wesentliche: Die Drei ??? – Wir übernehmen jeden Fall. Erster Detektiv: Justus Jonas; Zweiter Detektiv: Peter Shaw; Recherche und Archiv: Bob Andrews.
Die Drei werden dann gefragt: „Und wozu die Fragezeichen? Ihr wisst wohl selbst nicht, was ihr tut?“ Die Erklärung folgt direkt: „Die Fragezeichen bedeuten ungeklärte Geheimnisse, ungelöste Rätsel und spezielle Fragen aller Art.“ Auch wir stehen vor unserem Gott manchmal mit drei Fragezeichen. Wir stehen mit Fragen vor unserem Gott und wir begegnen mit Gott ungeklärten Geheimnissen. Aber Gott gibt uns tatsächlich auch Antworten auf unsere Fragen und setzt gelegentlich auch Ausrufungszeichen. Und die lernen schon die Konfirmanden. Und so erhebt sich nun noch eine Festrednerin:
Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tag auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.
Ein Hoch auf den Gastgeber und auf uns.
Auf uns? Wir begegnen der großen Schöpfung Gottes, von der wir ein Teil sind. Wir begegnen Tod und Auferstehung in Jesus Christus und erhalten die Zusage, dass die auch für uns gelten soll.
Wir bekommen die Taufe als Zeichen der Gottesverbundenheit und uns wird eine Geistkraft geschenkt, die jede und jeden seit Pfingsten mit hineinnimmt in die Offenbarungsgeschichte Gottes. In die Geschichte von Gott und der Welt. Das bewirkt der Heilige Geist. Er nimmt mich mit auf die Reise.
Ich bin mir sicher, viele von Euch konnten diese zweite Tischrede mitsprechen. Allerdings ruft das Lernen des Glaubensbekenntnisses im Konfirmandenunterricht selten Begeisterung hervor, weil es nämlich viel länger ist als das Vaterunser.
Und dennoch ist es wichtig das zu lernen. Ein befreundeter Pastor sagte mal, es sei auch darum wichtig, „weil das unsere Visitenkarte ist. Wenn dich jemand fragt, woran glauben Christinnen und Christen denn, dann sagst du das Glaubensbekenntnis auf. Dann hat dein Gegenüber etwas zum Nachdenken – und du vielleicht auch!“
Also, alles gesagt mit dem Bekenntnis? Lesen wir den Predigttext des Paulus aus dem Römerbrief, so ist eher der Eindruck: Wohl kaum. Denn Paulus macht deutlich: Gott ist nicht zu fassen. Nicht mit Worten, nicht mit dem Verstand – einfach unerforschlich.
Er ist uns immer einen Gedanken voraus. Er ist größer als wir ihn denken können. Mit dem Predigttext und unserem Glaubensbekenntnis wird das Dilemma für uns Menschen sehr deutlich, wenn wir nach Gott fragen. Auf der einen Seite die Erkenntnis, dass Gott sich dem menschlichen Erkennen entzieht. Denn due Fragen, die Paulus da stellt, die sollen ja nicht wirklich beantwortet werden. Natürlich kann niemand den Sinn Gottes erforschen, die Ratgeberin Gottes sein oder von Gott etwas zurückfordern.
Auf der andere Seite das Glaubensbekenntnis. In knappen Sätzen zusammengefasst, was es über Gott und sein Handeln zum Heil von uns Menschen zu sagen gibt. Von der Schöpfung bis zum ewigen Leben alles drin. Darin ist das eigentlich Unfassbare, was Paulus hier meint, wie ein Beipackzettel zum Leben und Glauben für uns Menschen zusammengestellt.
Und mit dem Glaubensbekenntnis sprechen wir das aus, was Paulus da in diese Worte hineinwebt als das Unbegreifliche. Doch was sagen wir da eigentlich?
Da, wo wir diese Dreiklang aus Schöpfer, Erlöser und Geist bekennen, da bekennen wir unseren Gott, der nicht nur Fragezeichen hinterlässt, sondern sich den Menschen offenbart hat. Wir sprengen also den Rahmen der Worte. Mit den Worten des Bekenntnisses stoßen wir eine Tür auf in die Heilsgeschichte Gottes. Wir brechen die Begrenztheit unserer Worte auf und geben Gott in seiner Vielfalt wieder einen größeren Raum.
Die Worte allein, die würden Gott begrenzen, aber das Große am Bekenntnis ist eben auch das, was nicht gesprochen wird und doch transportiert wird. Die Hoffnung und der Glaube, die das Glaubensbekenntnis zu uns bringt. Das Sprechen in Gemeinschaft öffnet diese Dimension der Gemeinschaft im Glauben. Global und durch die Zeiten hindurch, wo Millionen von Menschen vor uns und nach uns dieses Bekenntnis sprechen.
Mehrere Menschen haben den Glauben und seine Traditionen mit einem Zelt verglichen. Viele Menschen waren schon Gast in diesem Zelt, haben ihre Hoffnungen hineingewebt und ihre Erfahrung mit Gott. Durch ihr Weitertragen des Glaubens, durch ihre Lieder und durch ihre Gebete lassen sie die Vielfalt und Größe Gottes aufleuchten.
Und auch ich bin Gast in diesem Zelt des Glaubens – und mit jedem Aufenthalt wird es mir zur Heimat. Ich bin Gast, aber auch Gastgeber und Gastgeberin. Ich lade ein mit meinen Geschichten, Liedern und Gebeten. Das Zelt bietet mir Schutz und Trost in der Gegenwart Gottes.
So ist es seit dem ersten Schöpfungstag bis zur Auferstehung am letzten Tag. AMEN
Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, soll unsere Herzen und Gedanken behüten. Amen.
Pastor Florian Reinecke,
Juni 2022