Zu der Zeit, als wieder eine große Menge da war und sie nichts zu essen hatten, rief Jesus die Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Mich jammert das Volk, denn sie harren nun schon drei Tage bei mir aus und haben nichts zu essen. Und wenn ich sie hungrig heimgehen ließe, würden sie auf dem Wege verschmachten; denn einige sind von ferne gekommen. Seine Jünger antworteten ihm: Woher nehmen wir Brot hier in der Einöde, dass wir sie sättigen? Und er fragte sie: Wie viele Brote habt ihr? Sie sprachen: Sieben. Und er gebot dem Volk, sich auf die Erde zu lagern. Und er nahm die sieben Brote, dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern, dass sie sie austeilten, und sie teilten sie unter das Volk aus. Sie hatten auch einige Fische; und er sprach den Segen darüber und ließ auch diese austeilen. Und sie aßen und wurden satt. Und sie sammelten die übrigen Brocken auf, sieben Körbe voll. Es waren aber etwa viertausend; und er ließ sie gehen.
Ihr Lieben,
wir haben einen Gott, der uns im Blick hat. Der unsere Sorgen und Nöte kennt. Der weiß, was wir brauchen und wo wir Hilfe benötigen. „Mich jammert das Volk“ – „Diese Menschen tun mir leid.“
Viele Kranke, Arme und Benachteiligte waren zu Jesus gekommen. Und seit drei Tagen hat er sich um sie gekümmert: Er heilt Kranke, tröstet die Traurigen und macht Hoffnung auf das Himmelreich. Und nun, nach drei langen Tagen, hat er die Menschen auch deswegen im Blick: Sie hungern!
„Mich jammert das Volk, denn sie harren nun schon drei Tage bei mir aus und haben nichts zu essen.“ Wir haben einen Gott, der uns und unsere Nöte im Blick hat.
Jetzt magst du denken: Du hast ja keine Anhnung! Meine Probleme sind so groß und schwerwiegend, da kann keiner helfen! Mich hat Gott ganz bestimmt nicht im Blick!
Ich nehme euch mit in die Wüste Palästinas vor 2000 Jahren: Da sitzen 4000 Menschen und hören einem Prediger zu. Drei Tage lang! Und nun will er ihnen zu essen geben. Aber er hat nur sieben Brote und einige Fische dabei. Das klappt ganz bestimmt nicht! Nie im Leben! Der hat sie doch nicht mehr alle…
Aber: Die Menschen werden satt. So satt, dass hinterher mehr übrig ist, als vorher da war. Ihr Lieben, Gott hat dich und deine Probleme im Blick. Egal wie groß sie sind. Egal, ob du keinen Ausweg siehst. Egal, wie groß die Menschenmenge und wie klein die Vorräte sind. Egal.
Wie will er das machen? Wie will er diese scheinbar unmögliche Aufgabe in den Griff bekommen? Anhand dieser Überlieferung von der Speisung der 4000, können wir für uns drei Schritte erkennen, aus denen wir eine Menge lernen können:
I. Der erste Schritt heißt Abwarten. Die Leute sollen sich hinsetzen. Natürlich gibt es da in der Wüste keine Campingstühle oder Bierzelt-Garnituren, aber die Leute können es sich auf dem Boden bequem machen. Sie sollen sich schon mal so lagern, als ob es gleich was zu essen gibt. Und dann sollen sie abwarten und darauf vertrauen, dass Jesus ihnen auch wirklich etwas serviert.
Ihr Lieben, das müssen wir immer wieder lernen: Abwarten, beten und darauf vertrauen, dass Jesus uns hilft. Manchmal lässt er sich Zeit, und es können sich Zweifel einstellen: Kann er uns vielleicht nicht helfen? Will er uns vielleicht nicht helfen? Da heißt es dann einfach: Abwarten und auf seine Hilfe hoffen. Solches Abwarten ist ein wesentlicher Teil unseres Glaubens.
II. Der zweite Schritt heißt Danken. Als sich die Leute niedergelassen haben, nimmt Jesus die paar Lebensmittel und spricht über ihnen ein Dankgebet. Damit sind wir beim Thema des Erntedankfests: Gott möchte, dass wir unser tägliches Brot mit Danksagung empfangen, egal ob es üppig oder kärglich ausfällt. Jesus hat uns das vorgemacht, und für die Gläubigen aller Zeiten war es selbstverständlich: Immer, wenn wir eine Mahlzeit einnehmen, wollen wir Gott danken.
Nun leben wir in einer Zeit und in einem Land, wo unser tägliches Brot besonders üppig und abwechslungsreich ausfällt. Da liegt es nahe, dass wir Gott auch besonders üppig danken. Aber leider ist das nicht so, im Gegenteil: Immer mehr Zeitgenossen nehmen ihre Mahlzeiten ohne Dankgebet ein, darunter auch viele, die sich Christen nennen. Lasst uns doch das Erntedankfest zum Anlass nehmen, diese schöne Sitte wieder mit neuem Leben zu füllen! Weil wir gut und reichlich essen, lasst uns ihm auch dafür danken – so, wie Jesus selbst es vorgemacht hat.
III. Der dritte Schritt heißt Verteilen. Jesus bricht die Brotfladen in Stücke und lässt seine Jünger sie austeilen. Es ist bemerkenswert, dass er nicht selbst herumgeht und den Leuten das Brot bringt. Das ist keineswegs Faulheit, sondern damit will er uns etwas lehren: Wenn Gott hilft und das tägliche Brot beschert bzw. Sorgen und Nöte lindert, dann möchte er dabei Menschen zu seinen Mithelfern machen. Es kommt zwar alles von ihm her, aber es geht durch menschliche Hände. Ich denke da an die Landwirte und alle, die mit ihrer Arbeit das tägliche Brot verdienen. Ich denke auch an Bäcker und Köche und Hausfrauen und Hausmänner. An Kranken- und Altenpflegern.
Und ich denke daran, dass wir alle aufgefordert sind, von unserem Reichtum denen abzugeben, die nicht die Chance haben, sich das tägliche Brot selbst zu erarbeiten. Die keine Chance haben, überhaupt an Lebensmittel ranzukommen. Das Hungerproblem in der Welt ist eigentlich ein Verteilungsproblem. Gott lässt genug wachsen, dass sieben Milliarden Menschen davon satt werden können. Jesus hat seine Jünger damals aufgefordert, die Brotstücke zu verteilen. Damit hat er gezeigt: Wir sollen als seine Jünger zum Teilen und Abgeben bereit sein.
Am Ende machen die Jünger die beglückende Erfahrung: Wir brauchen keine Angst zu haben, dass nicht genug da ist. Es ist immer noch reichlich übrig – sieben Körbe voll!
„Und sie aßen und wurden satt“ – so berichtet es der Evangelist Markus. Wir haben einen Gott, der uns im Blick hat. Der unsere Sorgen und Nöte kennt. Der weiß, was wir brauchen und wo wir Hilfe benötigen. Möge Gott schenken, dass wir immer wieder seine Hilfe geduldig abwarten, sie mit Danksagung annehmen und mit anderen teilen. Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Pastor Roland C. Johannes,
Oktober 2021