Es nahten sich ihm aber alle Zöllner und Sünder, um ihn zu hören. Und die Pharisäer und die Schriftgelehrten murrten und sprachen: Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach: Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er eines von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er’s findet? Und wenn er’s gefunden hat, so legt er sich’s auf die Schultern voller Freude. Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. Ich sage euch: So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen. Oder welche Frau, die zehn Silbergroschen hat und einen davon verliert, zündet nicht ein Licht an und kehrt das Haus und sucht mit Fleiß, bis sie ihn findet? Und wenn sie ihn gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen und spricht: Freut euch mit mir; denn ich habe meinen Silbergroschen gefunden, den ich verloren hatte. So, sage ich euch, ist Freude vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut.
Liebe Gemeinde,
es macht mich manchmal regelrecht sprachlos, wenn ich diese große Fürsorge und Sehnsucht Gottes nach seinen Menschen, nach dir und mir wahrnehme und mir ans Herz gehen lasse.
Ans Herz geht nämlich das, wie Jesus da bei Lukas in verschiedenen Bildern davon erzählt, wie sehr es Gott um jede Einzelne, jeden einzelnen geht und wie intensive er ihnen nach geht, bis er sie oder ihn findet. Der Hirte, der so viele Schafe hat, aber wegen des einen, das verloren gegangen ist, alle anderen zurücklässt. Und sobald er es findet, trägt er es heim. So viel Liebe wird da transportiert, so viel Sehnsucht deutlich und so große Freude kommt zum Ausdruck über das Finden.
Oder die Frau, deren Verlust zumindest größer scheint. Auch die stellt alles auf den Kopf um die verlorene Münze zu finden. Und auch sie ist erfolgreich und ihre Freude groß.
In beiden Erzählungen hier wird die Sorge um das Verlorene und die Freude über den Fund groß gemacht. Und wisst ihr, was mich noch mehr als das schon beeindruckt? Die Suche ist jeweils erfolgreich. Wen Gott sucht, den findet er auch!
Dabei ist gar nicht so wichtig, wo und aus welchen Gründen ich mich möglicherweise verlaufen oder verirrt habe und somit verloren gegangen bin, am Ende findet Gott mich wieder und freut sich so unfassbar, dass sich alle mitfreuen können.
Ich habe euch eingangs gesagt, dass es mir ans Herz geht und dort berührt es aber auch einen anderen Teil. Etwas, das in mir großes Unwohlsein verursacht. Und damit ihr da mitgehen könnt, erzähle ich es euch auch in Form einer Geschichte.
Ein kleiner Junge aus einem Dorf verirrte sich abends im Wald und wurde von seinen Eltern vermisst. Das ganze Dorf nahm an der Sorge der Eltern teil uns machte sich auf die Suche. Landwirte rannten aus ihren Ställen, die Kaufleute schlossen ihre Geschäfte, Handwerker machen ihre Werkstätten dicht. Alle kamen und suchten fieberhaft und planmäßig nach dem Jungen in der Hoffnung ihn zu finden, bevor die Nacht anbricht.
Nach stundenlanger Suche und unter Einsatz aller Kräfte und Mittel wurde das vollkommen verängstigte Kind schließlich gefunden. Wie freuten sich alle mit den Eltern über den glücklichen Ausgang. So weit, so bekannt. Aber jetzt rücken wir vor an mein Unwohlsein.
Zwanzig Jahre später ist der Junge erwachsen. Er ist erneut in die Irre gegangen und hat sich im Gestrüpp des Lebens verfangen. Aber niemand sucht nach ihm. Vater und Mutter sind fleißig dabei Geld zu verdienen. Nachbarn und Freunde haben ihre eigenen Sorgen und haben mit ihren Problemen zu tun. Es geht kein Notruf aus. Keine Suche beginnt. Alle lassen den Jungen in seinem viel größeren Unglück allein.
Ihr Lieben, wenn ein Mensch in seiner Sünde verlorengeht und sich im Wirrwarr des Lebens verheddert, dann ist das womöglich viel schlimmer, als wenn man sich mal im Wald verirrt, denn es macht sich keiner auf den Weg.
Mich fragt das sehr an. Gerade über dieses solange Jahr der Pandemie wird es noch verschärft. Denn es sind über Corona einige in die Irre gegangen und haben sich in Menschenfurcht verloren. Und ich frage mich und euch: Kümmert uns als Gemeinde noch die Verlorenheit der Verirrten? Suchen wir nach denen, die sich verlaufen haben und den Weg nicht wieder zurückfinden oder sind wir damit zufrieden, dass manche von alleine zurückkommen?
Mir halten die Geschichten, die Jesus von Gott erzählt, wie er so hingebungsvoll nach uns sucht, einen Spiegel vor. Ich suche oft genug nicht so nach dem oder der Verirrten und im Leben Gestrandeten. Ich weiß, dass ich nicht Gott bin und ich weiß, dass du es auch nicht bist. Aber ich weiß, dass er uns als seine Gemeinde immer wieder zu seinem Werkzeug macht und durch uns nach anderen sucht und Ausschau hält.
Deshalb möchte ich ihn gleich im Gebet auch mit euch darum bitten, dass er uns mit unseren Gaben dazu gebraucht, denen nachzugehen und sie zu finden, die verloren gegangen sind, damit auch unsere Freude riesig werde über jeden Findeerfolg und den wird es geben, denn wen Gott sucht, den findet er. Gott sei Dank! AMEN.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. AMEN.
Pastor Florian Reinecke,
Juni 2021