Als sie aber davon redeten, trat er selbst, Jesus, mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch! Sie erschraken aber und fürchteten sich und meinten, sie sähen einen Geist. Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz? Seht meine Hände und meine Füße, ich bin’s selber. Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich sie habe. Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und Füße. Als sie aber noch nicht glaubten vor Freude und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen? Und sie legten ihm ein Stück gebratenen Fisch vor. Und er nahm’s und aß vor ihnen. Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen. Da öffnete er ihnen das Verständnis, sodass sie die Schrift verstanden.
Liebe Gemeinde!
In meiner südafrikanischen Heimat weiß man nur allzu gut über Sicherheitsmaßnahmen Bescheid. Man muss so gut wie alles zuschließen und fest verriegeln: Häuser, Autos, Tore, Koffer usw. usf. Man fühlt sich sicherer, wenn im Hause eine Alarmanlage installiert ist. Am Zaun hängt oftmals ein Warnschild mit dem Hinweis, dass eine private Sicherheitsfirma das Areal im Blick hat – oftmals sogar per Videoüberwachung.
Es geht uns – drüben wie hier übrigens ja auch - einfach besser, wenn wir wissen, dass die Schlösser an den Türen auch wirklich funktionieren. Auch hier in Deutschland gibt es Einbrüche, auch hier gibt es Kriminalität. Festverschlossene Türen sind oftmals notwendig und vertreiben zumindest zum Teil die Angst.
Die Jünger haben am Abend des ersten Ostertages Angst. Und so tun sie das, was wir auch machen: sie verschließen die Türen. Aber warum diese Angst? Ihr Lieben, wenn man bedenkt, was die in den letzten Tagen alles durchmachen mussten, dann wird einiges dabei klar:
- Sie mussten zusehen wie Judas – einer von ihnen! – Jesus verriet, und dann, als es ihm leidtat, sich selbst erhängte!
- Sie mussten zusehen, wie Jesus gefangengenommen wurde!
- Sie hörten von den Anschuldigungen gegen Petrus – „Dieser war auch mit dem Jesus von Nazareth!“ Das geht unter die Haut! (Sie werden übrigens auch davon gehört haben, wie Petrus in dieser Situation versagt hat. Und sie werden gewusst haben, dass sie wahrscheinlich nicht anders reagiert hätten.)
- Dann werden die Jünger vom Gerichtsprozess gegen Jesus gehört haben – wie gegen ihn Klagen erhoben wurden, die schlicht und einfach nicht stimmten! Er war unschuldig, trotzdem bekam er die Todesstrafe!
- Und dann werden sie gehört haben (sie waren, bis auf Johannes, ja nicht dabei gewesen) von der Kreuzigung und dem Tod ihres Herren. Sie hatten alles auf diesen Mann gesetzt – ihr Leben, ihre Zukunft, ihre Hoffnung. Nun war er tot. Wie die beiden Emmausjünger das zum Ausdruck brachten: „Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde.“ Davon ist nun nichts geworden!
Es sind für die Jünger traumatische Zeiten. Traurige Zeiten. Und sie hatten allen Grund zu glauben, dass ihr Leben in Gefahr ist. Und darum verstecken sie sich und verschließen die Türen.
Aber dann geschieht es: Jesus tritt hinein! Wie würdest du dich fühlen, wenn einer durch eine Tür geht, die du soeben fest verschlossen hast? Dazu noch einer, der vor 48 Stunden verstorben war? Genau – die Jünger waren entsetzt! Du wärst es sicherlich auch! Sie dachten sie hätten einen Geist vor sich, ein Gespenst. Aber Jesus sagt zu ihnen:
Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz? Seht meine Hände und meine Füße, ich bin’s selber. Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich sie habe. Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und Füße.
Diese kleingläubigen, ja ungläubigen Jünger! Drei Jahre lang hatte Jesus ihnen gesagt, dass es so kommen würde! Wie konnten sie jetzt nicht glauben? Wie konnten sie nur so erschrocken sein? Wenn sie sich doch nur an die Worte Jesu erinnern würden! Wenn sie doch nur glauben würden! Wenn sie doch nur…
Wirklich? Ihr Lieben, es ist so einfach mit dem Finger auf die Jünger zu zeigen. Aber wie oft machen wir es nicht genau so? Wie oft sind wir nicht auch klein- oder sogar ungläubig? Wie oft vergessen wir nicht die Worte Jesu an uns:
- Dass er versprochen hat für uns zu sorgen,
- Dass er allezeit bei uns sein wird,
- Dass wir vertrauen sollen, dass er alles in Händen hat und weiß, was für uns gut ist,
- Dass wir unsere Sorge auf ihn werfen sollen….
Ihr merkt, dass es gar nicht so einfach ist, oder? Dass auch wir immer wieder in Sünde verfallen, weil wir unser Vertrauen nicht auf Gott setzen! Weil wir seine Worte an uns vergessen. Weil wir ihn nicht über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen.
Weil – und darauf kommt es hier an – weil wir als sündige Menschen eben nicht aus uns selbst heraus glauben und vertrauen können. Weil unsere „Grundeinstellung“, unsere „Standardposition“ eben Unglaube ist. Weil wir wegen der Erbsünde nicht fähig sind, von uns aus an Gott zu glauben! Da sind wir tatsächlich keinen Deut besser als die Jünger damals vor 2000 Jahren!
Liebe Ostergemeinde, die Jünger konnten sich zwar verstecken und verschließen, aber sie konnten Jesus nicht ausschließen. Jesus tritt durch die verschlossene Tür. Ja sogar noch mehr: Er öffnet ihnen die verschlossenen Herzen, damit sie verstehen und glauben. „Da öffnete er ihnen das Verständnis, dass sie die Schrift verstanden,“ schreibt Lukas.
Jesus lässt die Jünger nicht in ihrem Unglauben. Er öffnet ihnen das Verständnis, damit sie das alles, was da geschehen ist, richtig einordnen und verstehen! Er öffnet ihnen die Herzen und den Verstand, damit sie glauben können. Glaube, ein einzigartiges Geschenk Gottes! Das können wir hier wieder einmal wunderbar erkennen – dass Glauben eben nicht etwas ist, dass von mir aus geht, etwas, dass ich „tun“ muss. Nein. Der Glaube muss mir geschenkt werden. Jesus öffnet uns das Herz und schenkt uns Glauben. So wie er das bei den verängstigten und erschrockenen Jüngern auch macht.
Aber Jesus geht noch weiter: Er öffnet nicht nur Türen und Herzen, sondern er geht hinein und packt die Jünger und zieht sie aus ihrem Versteck hinaus in die Öffentlichkeit, hinaus in die Welt. Unsere „Standardposition“ als Christen ist nicht im Versteck, hinter verschlossenen Türen! Nein, wir sollen in der Öffentlichkeit sein, in der Welt, sichtbar, als Zeugen Christi! Als Zeugen eben dieses Mannes, der den Tod besiegt hat! Der Türen öffnet, Glauben schenkt, Frieden bringt. Andre sollen das auch hören und daran glauben!
Und so werden wir am Osterfest aus unserem Versteck, aus unserer „Komfortzone“, ja aus unserer Behaglichkeit herausgezerrt, hinaus in die Welt…
Das ist erst einmal ungemütlich. Sogar beängstigend. Aber es ist der auferstandene Christus selbst, der unsere Angst von uns nimmt. Der uns die Kraft gibt, seine Zeugen zu sein – wie er das mit den Jüngern ebenfalls gemacht hat. So wie die Jünger nicht für immer ängstlich und ohne Hoffnung hinter verschlossenen Türen sitzen mussten, so haben auch wir eine Zukunft! Und vor dieser Zukunft brauchen wir keine Angst zu haben!
Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Pastor Roland C. Johannes,
April 2021