Mache dich auf, werde Licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir! Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht.
Hebe deine Augen auf und sieh umher: Diese alle sind versammelt, kommen zu dir. Deine Söhne werden von ferne kommen und deine Töchter auf dem Arm hergetragen werden. Dann wirst du es sehen und vor Freude strahlen, und dein Herz wird erbeben und weit werden, wenn sich die Schätze der Völker am Meer zu dir kehren und der Reichtum der Völker zu dir kommt. Denn die Menge der Kamele wird dich bedecken, die jungen Kamele aus Midian und Efa. Sie werden aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und des Herrn Lob verkündigen.
Liebe Gemeinde,
wenn man sich auf den Weg macht, um an einem bestimmten Ziel anzukommen, dann ist es total gut, das Ziel zu kennen. Und wenn es nur die genaue Adresse ist, die man ins Navi eingibt. Ansonsten läuft man Gefahr, sich oder zumindest die Orientierung irgendwo auf dem Weg zu verlieren. Das gilt sowohl praktisch auf der Straße als auch im übertragenen Sinne für den Lebensweg.
Die drei Weisen, von denen wir im Evangelium gehört haben, die hatten eine gute Idee von dem, den sie erreichen wollen. Sie haben die biblischen Schriften und den Himmel sehr gut studiert und brechen auf, um den neugeborenen König von Jerusalem zu finden.
Das Ziel ist ihnen klar und eigentlich wissen sie auch, dass sie nach Bethlehem gehen müssen, denn das besagen die Stellen in den Schriften, die wir als Weissagungen aus den Weihnachtsgottesdiensten kennen.
Die Weisen haben allerdings kurz vor dem Ziel noch einmal überlegt, dass der neugeborene König, ja irgendwie doch im Königshaus zu finden sein muss und nicht mitten im Nirgendwo. Erst ihre vorübergehende Orientierungslosigkeit führt Herodes auf eine folgenschwere Spur. Aber das ist ja eine bekannte andere Geschichte.
Die Orientierung verloren hatten auch die Israeliten, denen Jesaja hier in unserem Predigtwort diese tollen Bilder zuruft. Bilder vom Licht, vom Glanz und vom Strahlen vor Freude.
Die Israeliten sind nach jahrelangem Exil endlich nach Hause gekommen. In Babylon haben sie sich noch sehr nach zu Hause gesehnt.
Als sie allerdings zuhause ankommen, finden sie ihren Tempel zerstört und große Teile der Stadtmauern eingerissen. Kaum ein Stein steht auf dem anderen. Ein Trauerspiel. Das Essen war knapp, genauso wie der Wohnraum und die Mittel für den Wiederaufbau. Ziemlich trist.
Aber dann kommen Worte von Jesaja, die ihnen wieder Orientierung verschaffen. Jesaja hat schon häufiger mal was verlauten lassen. Und diese Worte diesmal sind wieder nicht bloße Worte.
Jesaja malt mit seinen Worten ein Bild. Ein Bild von einer Zukunft, die das hier und jetzt bereits verändert. Eine Zukunft die schon heute Wirklichkeit wird, weil sie durch diese Worte in die Gegenwart hineinreicht.
Das ist schon verrückt welche Kraft und welche Macht Worte haben können. Gott spricht durch seinen Propheten Worte vom Licht und wie bereits bei der Schöpfung, tun sie, was sie sagen. Es wird Licht in den Herzen vieler und sie schöpfen neue Kraft und neuen Mut und beginnen an dem zu bauen, was ihnen da in Aussicht gestellt wird. Sie machen sich ans Werk und bauen am kommenden Reich Gottes.
Die Vision von Jesaja, das, was er da ansagt, das gilt immer noch, denn es ist auch heute noch nicht fertig. Jesaja redet von dem himmlischen Jerusalem, von der Vollendung des Reiches Gottes.
Aber er tut das mit einer Begeisterung und mit einer Klarheit, welche die Lippen zum Lächeln, welche Licht ins Dunkel der Herzen, welche ein Strahlen auf die Gesichter bringt. Gottes Worte, die Jesaja spricht, schaffen eine Wirklichkeit, durch welche die Zukunft schon jetzt beginnt.
Der neugeborene König, den die Weisen suchen und finden ist ein Teil dieser Zukunft. In diesem Kindkönig, Jesus Christus bricht nämlich das zukünftige Reich Gottes endgültig im Hier und jetzt an und verändert das Gesicht der Welt.
Das erleben zuerst die Hirten, die das Kind sehen und dann von ihm ergriffen sind und von ihm weitererzählen. Das erleben die Weisen, die gekommen sind und ihre Geschenke dalassen, aber das Kind im Herzen mitnehmen. Das erleben die Jünger, die von ihm begeistert das Beten, das Predigen und sogar das Heilen lernen. Das erleben so viele andere, die mit Jesus in Kontakt kommen und auf einmal gesund werden an Leib und Seele.
Und das erleben auch wir überall da, wo uns die Augen aufgehen und wir Gott entdecken, zu Weihnachten in der Krippe, vor Ostern am Kreuz und nach Ostern im leeren Grab, in seinem Wort, in der wunderschönen Schöpfung, die schon bald wieder zu sprießen beginnt und das neue Leben so wunderschön vor Augen führt.
Aber auch an und mit den Menschen, denen wir begegnen, können wir hier und da etwas von der Herrlichkeit und Liebe Gottes und damit ihn selbst entdecken.
Da wo mir jemand grundlos seine Liebe entgegenbringt in Wort und Tat, dort, wo mir jemand ohne Gegenleistung und selbstverständlich unter die Arme greift, weil ich Hilfe brauche. Da, wo jemand mir tief in die Augen blickt und fragt: Wie geht’s dir, wirklich? Dort wo ich eine Umarmung empfange, die ich nicht erwartet habe und das ist in diesen Tagen ja nochmal mehr unerwartet. Oder auch da, wo ich Zeuge davon werde, dass jemand aufsteht und gegen die Unmenschlichkeit in dieser Welt und für die aufrichtige und aktive Nächstenliebe zu protestieren beginnt, auch da kann ich Gott entdecken.
Das geht endlos so weiter und wisst ihr warum? Weil Gott nicht aufhört in dieser Welt, in eurer Gegenwart, an euch, durch euch und um euch herum am Werk zu sein und sein Licht, seine Herrlichkeit, seine Freude zu verbreiten, damit schon jetzt mehr und mehr von der Zukunft Wirklichkeit wird, die er uns durch seine Propheten auch als unsere Zukunft vor Augen malt: Gottes Gegenwart.
Und die, ihr Lieben, die Gegenwart Gottes, die die Weisen als Ziel hatten, die ist auch das Ziel unseres Lebensweges und daran können wir uns immer wieder orientieren, sobald wir die Orientierung verloren haben. Der Blick auf ihn und unsere Zukunft bei ihm hilft auch bei Orientierungslosigkeit wieder zur Ruhe und klar zu kommen. Dafür sei ihm ewig Lob und Dank. AMEN.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. AMEN.
Pastor Florian Reinecke,
Januar 2021