Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.
Liebe Gemeinde,
Mich begleitet in den letzten Wochen eine Erzählung. Es geht um einen König, der zwei Söhne hatte. Der König war hoch betagt und wollte sein Zepter weitergeben. Allerdings wusste er nicht, an welchen seiner beiden Söhne, denn er hatte beide sehr lieb und hielt sie für geeignet. So überlegte er sich eine Aufgabe. Beide sollten einen Tag Zeit bekommen, um ohne fremde Hilfe den riesigen Thronsaal zu füllen und wer das schafft und wessen Weg sich als weise zeigt, der soll fortan das Reich regieren.
Der erste Sohn machte sich an die Aufgabe. Um die riesige Halle zu füllen brauchte es viel Material und so brachte er den ganzen Tag über alles rein, was ihm vor Augen und Füße kam. Viele Menschen, Tiere, Karren und zuletzt auch allen Müll, den er fand und schließlich, als der Tag vorüber war, war der Thronsaal voll. Er hatte es geschafft.
Als der zweite Sohn an der Reihe war, setzte er sich morgens gemütlich in den Thronsaal und ließ in aller Ruhe den Tag verstreichen. Als es abends dunkel wurde und die Dunkelheit den Saal einnahm, ging er in die Mitte des Raumes, griff in seine Tasche, holte ein Kerze hervor, stellte sie auf den Boden und entzündete sie. Ihr Licht erfüllte den riesigen Saal.
Nun weiß ich, dass diese Erzählung große Grenzen hat, bei unserem allmächtigen einen Gott und dennoch drückt sie für mich wertvolles aus.
An Weihnachten ist nämlich so etwas geschehen, was der zweite Sohn getan hat. Gott hat ein Licht entzündet, das die Dunkelheit der Welt vertreibt. Zu finden ist es auch heute noch und immer wieder in der Krippe. Und später sagt dieses Kind, das dort liegt, Jesus selbst, von sich:
Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben
Und wisst ihr was? Dieser Jesus ist nicht nur das Licht der Welt, er hat sich auch zu deinem Licht gemacht.
Bei deiner Taufe wurde auch eine Kerze entzündet und wenn du keine Taufkerze hast, dann zumindest in deinem Herzen. Denn bei der Taufe hat Gott dir dieses Licht in die Hallen deines Herzens gestellt, damit es dein Herz ausfüllt, auch wenn es sich wie leer anfühlt in diesen Tagen.
Die Sorge und die Angst, die in diesem Jahr so um sich greifen und die Entscheidungen an vielen Stellen mitbestimmen, die haben viel mit der Angst vor der Dunkelheit zu tun.
Mich beschäftigt die ganzen letzten Monate schon die Frage: Was ist das für eine Angst, die aus den Augen der Politiker und vieler anderer mir entgegenblickt?
Ich glaube es ist die Urangst der Menschheit. Die Angst vor dem Tod, denn der kommt immer wieder vor Augen in einer Pandemie.
Ja, das Sterben kann Angst machen. Und es ist grausam mit anzusehen, wie viele Menschen nun an den Folgen dieses Virus sterben.
Alle diejenigen, die um Verstorbene trauern, mit denen habe ich großes Mitgefühl. Allen denjenigen, die in der Begleitung von Sterbenden und deren Angehörigen schwere Lasten tragen, gilt meine Fürbitte.
Gerade jetzt ist besonders sichtbar wie nötig sowohl Mitgefühl als auch Fürbitte sind, weil wir beinahe täglich vor Augen gestellt bekommen, wie viele betroffen sind.
Allerdings ist das sonst nicht weniger nötig, die meisten bekommen das bloß nicht so mit, wie viele Menschen sterben und wie viele Angehörige trauern, weil diese Prozesse schon lange nicht mehr in der Familie stattfinden, sondern ausgelagert in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Hospizen. Das Sterben ist schon lange nicht mehr Teil des familiären und gesellschaftlichen Lebens.
Aber das Sterben gehört zum Leben dazu und wenn wir das nicht von Neuem oder vielleicht zum ersten Mal akzeptieren lernen, laufen wir große Gefahr an unserer Angst zu zerbrechen und sie zum Herrscher über das ganze Leben werden zu lassen.
Mitten hinein in diese Dunkelheit stellt Gott sein Licht. Jesus Christus. Mit ihm brauchen wir nicht in der Dunkelheit zu bleiben. Mit ihm hat das Licht der Ewigkeit bereits seinen Anfang in dieser Welt genommen.
Hier scheint es für uns manchmal vielleicht nur wie eine kleine Kerze zu sein, deren Feuer manchmal bedrohlich klein ist, aber dort wird alles erstrahlen im hellen Glanz der ewigen Herrlichkeit.
Diejenigen die uns durch ihren Tod voraus gehen, die dürfen das bereits erleben, dass die Dunkelheit, die Angst, alle Not und jeder Schmerz endlich sind und nach dem Tod vorbei. Dass selbst das Sterben nur ein kurzes Stück des Weges ist, der uns zu Gott führt.
Ihr Lieben, so entzündet von der Klarheit unserer Zukunft bei Gott, geschieht das, was Jesus uns bei Matthäus zusagt:
Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind.
Er selbst ist dieses Licht, eingezogen bei uns und entzündet in unseren Herzen, um die Dunkelheit der Angst zu vertreiben. So strahlt das Licht durch uns in die Welt hinaus und dort Ruhe aus, die so nötig ist. Ruhe, weil wir wissen, dass Tod und Sterben zum Leben dazugehören, und weder eine Katastrophe noch unser Ende sind.
Sondern der notwendige Schritt hinüber in die neue Welt, die uns verheißen ist und die mit diesem Weihnachtstag ihren Anfang nahm, als Gott die Welt auf den Kopf und sich selbst in seinem Sohn auf Füße gestellt hat, um uns zu sich zu holen. Euch ist heute der Heiland geboren. Halleluja.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. AMEN.
Pastor Florian Reinecke,
Dezember 2020