Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin. Denn ich will die Wagen vernichten in Ephraim und die Rosse in Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde.
Liebe Gemeinde,
die Tür geht wieder einen kleinen Spalt weit auf und hinein in die Dunkelheit fällt ein Licht, das voller Hoffnung ist. Wir sind angekommen im Advent und Sonntag für Sonntag geht die Tür weiter auf. Darum liebe Gemeinde: freue dich, ja freue dich sehr, denn das Ende der aktuellen Schreckensherrschaft ist nahe. Sieh doch, da kommt er schon, da kommt der erlösende Helfer hinein in unsere Not.
Ihr Lieben, heute beginnt der Advent und mit ihm das Warten auf Weihnachten. Das Warten auf die Erlösung. Und damit meine ich nicht den Corona-Impfstoff, auch wenn der in der Hoffnung einiger einer Erlösung gleichkommt.
Unsere Tür geht einen Spalt weit auf und wir erblicken in dem Licht von Weihnachten her schon heute den Sohn Gottes.
Im Gegensatz zu dieser Erlösung, die uns erwartet, ist der Impfstoff nur eine Vertröstung, denn, wenn überhaupt löst ein Impfstoff nur manche der Probleme, die im Zusammenhang der Pandemie stehen und keines davon grundlegend.
Und dann gibt es noch die ganzen anderen Problemfelder, die in den vergangenen Monaten in den Medien immer wieder brutal von Corona verdrängt wurden. Hunger und Armut. Klima und Flucht. Terror und soziale Distanz. Körperliche und seelische Krankheiten. Flüchtlingslager und Folgen von Naturkatastrophen. Bestehende Kriege und solche Konflikte, die gerade im Begriff sind Kriege zu werden in diversen Teilen der Welt.
Wann kehrt endlich mal Ruhe ein? So richtiger Frieden? Frieden in diesen Themen, Frieden in der Gesellschaft und Frieden in mir.
Unser Bibelwort heute aus dem Buch des Propheten Sacharja spricht auch in solch eine Zeit der Sehnsucht hinein. Sacharja gehört zu den letzten Propheten des Alten Testaments. Er hat in Jerusalem gewirkt, als das Volk Israel aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrt war und sich im mühsamen und immer wieder stockenden Aufbauprozess befand.
Einen König hatte man schon längst mehr. Israel, bzw. der winzige Haufen Leute, der sich durch den Gnadenakt des persischen Königs wieder in der zerstörten Stadt Jerusalem ansiedeln durfte, ist danach nie wieder selbständig gewesen. Aber die Hoffnung war immer da, dass irgendwann noch mal ein König kommt, der das Volk wieder zu alter Größe zurückführt.
Und diesen Wunsch hat der Prophet Sacharja dann natürlich noch ordentlich befeuert, als er prophezeite:
Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer,…
Auf einem Esel soll er allerdings kommen, das überrascht mich immer wieder, weil es so wenig königlich klingt.
Aber im Evangelium eben haben wir die Erfüllung dieser Verheißung gehört. Da ist Jesus auf einem solchen Esel in Jerusalem eingezogen und wurde königlich in Empfang genommen mit Hosianna und Palmwedel und richtig Tamtam.
Zu Zeiten Sacharjas haben die Menschen bei der Prophezeiung dessen sicher aufgehorcht und neue Hoffnung geschöpft. Hatte Gott sie also doch nicht vergessen und er wird jemanden schicken der sie befreit.
Befreiung im umfassenden Sinne des Wortes hatten die Israeliten damals dringend nötig und wir heute auch. Befreiung von den inneren und äußeren Fesseln. Befreiung zu einem Leben in Frieden und dieser Teil der Verheißung hat zwar bereits begonnen, aber die Vollendung steht ja in weiten Teilen noch aus.
Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde
heißt es über den verheißenen König am Ende.
Ja, wie hat Jesus als der verheißene König, denn Frieden geboten? Nicht, indem er ihn befohlen hat, sondern indem er ihn gelebt hat.
Z.B. indem er sich bei einem verhassten Außenseiter wie dem Zöllner Zachäus selber eingeladen hat und ihn allein dadurch schon umdrehen und für Gott und seine Mitmenschen gewinnen konnte.
Oder indem er eine Prostituierte vor dem Übergriff selbsternannter und selbstgerechter Sittenwächter in Schutz nahm, als er ihnen entgegnete: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.
Oder indem er auch am Sabbat Menschen heilte, wodurch er deutlich machte, dass die Liebe zum Nächsten im Konfliktfall mehr zählt als das Einhalten von religiösen Normen.
Jesus hat aber noch viel umfassender Frieden hergestellt, nämlich dadurch, dass er uns mit Gott wieder versöhnt hat, dass er uns wieder freien Zugang zum Himmel verschafft hat.
Damit hat er das Kernproblem eines jeden Einzelnen gelöst, das wir gar nicht groß genug machen können: Unsere Distanz zu Gott, die uns und unseren Alltag immer wieder prägt. Die Trennung zwischen Gott und uns, die uns daran hindert in unseren Kontexten den Frieden zu stiften, zu dem uns eigentlich erst Jesus in die Lage versetzt hat, indem er die Trennung überwunden hat, indem er uns mit seinem Sterben und Auferstehen die Tür zum Himmel wieder aufgeschoben hat.
Und der Lichtschein, der durch den Türspalt nun von Weihnachten her in unsere Dunkelheit scheint, fällt auf unser Gesicht und leise können wir schon Gottes Stimme vernehmen, die uns zuflüstert: „Freu dich, denn egal was in der Welt geschieht, dein Heiland kommt, er wird dir Recht verschaffen, dir helfen und dich erlösen.“
Gottes Verheißung gilt auch uns und dafür sei ihm, Lob und Dank. Amen. Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. AMEN.
Pastor Florian Reinecke,
November 2020