Ihr Lieben, lasst uns einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist von Gott geboren und kennt Gott. Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht; denn Gott ist die Liebe. Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen. Darin besteht die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden. Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben. Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen.
„Wer ist denn mein Nächster?“
Ihr Lieben,
wir haben diese Frage soeben in der Evangeliumslesung gehört. „Wer ist denn mein Nächster?“
Was bedeutet diese Frage eigentlich für mich? Wie würde ich sie beantworten? Wie würden wir sie als Christen und als christliche Gemeinde im 21. Jahrhundert beantworten? Wer ist denn genau gemeint? Wer ist der, von dem die Bibel sagt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen…. und deinen Nächsten wie dich selbst“? Wen soll ich da lieben? Und wie zeigt sich das eigentlich?
Wenn ich das für mich einmal durchdekliniere, dann fange ich fast selbstverständlich bei der eigenen Familie an. Das sind meine Nächsten! Die zu lieben, für sie zu sorgen, zu helfen in allen Leibesnöten – klar!
Und dann könnte man – quasi wie konzentrische Kreise – immer weitergehen. Dann kommt vielleicht der Freundeskreis. Auch das sind meine Nächsten. Auch mit denen soll ich liebevoll umgehen und für sie sorgen. Dann als nächster Kreis vielleicht die Kirchengemeinde. Auch für meine Glaubensgeschwister trage ich Verantwortung. Auch dort soll ich liebevoll und umsichtig mit den Anderen umgehen. Auch dort ist meine Hilfe, meine Fürsorge, meine Toleranz gefragt.
Dann kommt die Gesellschaft ganz allgemein - meine Mitbürger und Mitbürgerinnen. Die Menschen, mit denen ich im Alltag zu tun habe. Arbeitskollegen, Vorgesetzte, ja sogar der Beamte, der mir grad das Leben schwer macht. (Ihr merkt, es wird immer schwieriger und ungemütlicher!**
Und es hört dort nicht auf. Jesus weitet diese Kreise aus – sogar die eigenen Feinde und Widersacher sind meine Nächsten. „Liebet eure Feinde!“ Jeder, der mir über den Weg läuft, egal in welcher Situation, egal ob es mir grad passt oder nicht, egal ob ich die Person mag oder nicht…
nicht könnt? Ich bin schon beim ersten Kreis in Schwierigkeiten geraten! Schon Geht es euch so wie es mir grad geht? Merkt ihr auch, dass ihr das alles gar in der eigenen Familie fällt es nicht immer leicht, mit Liebe und Umsicht zu agieren. Schon dort fällt es manchmal schwer, zu vergeben. Und mit jedem Kreis, mit jeder Ausweitung, wird es nur noch schwieriger, um nicht zu sagen unmöglicher.
das wir gar nicht einhalten können? Wie sollen wir das denn überhaupt schaffen? Warum erwartet Gott etwas von uns,
„Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben.“ So schreibt der Apostel Johannes an seine Gemeinden, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen wie wir. Die sich ebenfalls die Frage stellen: „Wer ist denn mein Nächster?“
„Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben.“ Man könnte diesen Satz umformulieren: Weil Gott uns so geliebt hat, darum sollen wir uns auch untereinander lieben. Weil Gott uns so geliebt hat. Weil er uns seinen eigenen Sohn geschenkt hat. Weil er uns unsere Sünden vergeben hat. Weil er uns ganz unverdient Gnade gezeigt hat. Weil er uns Leben schenkt. Darum…
Aber, wir werden hier nicht mit guten Vorsätzen und unter moralischem Druck alleingelassen! Nein, Gott ist vielmehr einer, der uns nicht nur einen Auftrag erteilt, sondern der diesen Auftrag sogar selbst erfüllt! Jesus ist für uns nicht nur ein gutes Vorbild, sondern er ist die Erfüllung!
Darin ist erschienen die Liebe Gottes (darin zeigt sich die Liebe Gottes) unter uns, dass Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen. Darin besteht die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden.
Diese Liebe Gottes ist bereits da! In deiner Taufe hast du diese Liebe empfangen, ganz persönlich. Im Heiligen Abendmahl hast du immer und immer wieder daran Teil. Im Zuspruch „Dir sind deine Sünden vergeben“ – da erlebst du diese Liebe hautnah. Du bist von dieser Liebe erfüllt! Tatsache!
Und wie bei einer Tasse, die aufgefüllt wird und immer voller und voller wird, bis sie schließlich überläuft und alles drumherum durchnässt, so ist das auch bei uns mit der Nächstenliebe. Gott schüttet uns mit seiner Liebe zu - voll bis an den Rand! - sodass wir gar nicht anders können, als dass diese Liebe überfließt und andere ebenfalls berührt.
Was bedeutet das für dich und für mich? Es bedeutet, dass wir uns an diese Quelle halten sollen; Es bedeutet, dass wir uns immer und immer wieder von der Liebe Gottes in Christus Jesus erfüllen lassen. Dann wird auch diese Liebe selbstverständlich überfließen. Dann wird auch klar, wer mein Nächster ist…
Amen.
Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Pastor Roland C. Johannes,
September 2020