Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben : »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.« Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln«. Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.
Ihr Lieben,
das sind richtig goldene Worte die Paulus da schreibt. Man könnte sich eigentlich jeden einzelnen davon rahmen, damit sie zur Geltung kommen und gesehen werden.
Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.
Diese Sätze leuchten auch unmittelbar und ohne viel Erklärung ein und in Wirklichkeit bräuchte es hier auch keinen biblischen Kontext. Um diese Wahrheiten zu begreifen, sie als richtig anzuerkennen und grundsätzlich befolgen zu wollen braucht es keine Kirche und auch keinen Pastor.
Und trotzdem schreit das Miteinander in Politik und Gesellschaft förmlich danach, dass man an die Wahrheiten dieser Sätze Tag für Tag erinnert und sie herausschreit.
Denn, dass danach gehandelt wird, was doch eigentlich alle für richtig halten, ist irgendwie gar nicht selbstverständlich. Aber woran liegt das eigentlich?
Vermutlich liegt das daran, dass das, was Paulus hier rät, oft wie eine Niederlage aussieht und in weiten Teilen auch so gesehen wird. In der Politik redet man vom „Gesichtsverlust“. Es gilt als Niederlage, wenn man denen, die einen mit Worten und anderen Waffen angreifen das Feld überlässt.
So ist es im Streit mit Freunden und Familie auch wie ein Reflex, dass man zum Gegenangriff übergeht und sich dazu provoziert fühlt zu handeln, wie man es nicht will und wie man eigentlich nicht ist. „Ich bin nicht so fies und so ein Arsch, aber er oder sie zwingt mich regelrecht dazu, weil sie oder er mit den gleichen harten Bandagen kämpft.“
Es ist letztlich die Machtfrage, die da verheerenderweise und zum Nachteil aller ausgekämpft wird. Die eigenen Interessen bekommen immer mehr Schräglage und rücken hinter den Drang „gewinnen zu wollen“ zurück. Unverschämtheiten zahle ich auf gleiche oder ähnliche Weise zurück. Schnell schaukelt sich das hoch und am Ende findet der Streit möglicherweise kein Ende mehr.
Wer wagt es auch schon zu verzichten, um eines ehrlichen Friedens willen? Nicht nach dem Motto der Klügere gibt nach, denn auch das ist auf die Spitze getrieben eine Strategie des Machtkampfes, weil es um die Position des heimlichen Gewinners geht. Den eigenen Verzicht als Gewinn für beide anzuerkennen ist die große Kunst.
Immense Hilfe sind dabei sind die zentralen Verse unseres heutigen Predigttextes.
Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben : »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«
Rächt euch nicht selbst. Gebt Raum dem Zorn Gottes. Wer sich rächt, der schwingt sich zum Richter auf und meint zu durchschauen, welche Unfreundlichkeit nun wieder für Gerechtigkeit sorgt. Nein: „Richtet nicht selbst“ sagt Paulus. Denn euer Richten könnte nicht nur zu hart werden, sondern auch viel zu milde sein.
Gottes Gericht ist weder das eine noch das andere. Es ist gerecht und genau richtig und teil jedem das Seine zu. Gott hat das letzte Wort. Gott, der alle Dinge kennt und weiß wird auch jedem Menschen Gerechtigkeit schaffen.
Und darum, dass er das tut, darum gilt es ihn zu bitten, denn so können wir erst frei werden zu einem angemessenen Handeln. Das klingt jetzt danach, dass alles still hingenommen werden muss, was ich erleide. Nein, das nicht, ich darf und soll auf Ungerechtigkeiten hinweisen.
Was entstehen kann, wenn das nicht geschieht, hat Deutschland unter Hitler auf grausame Weise erfahren müssen. Ich soll auf Unrecht hinweisen und meine Stimme erheben, aber wichtig ist, dass das nicht aus dem Affekt heraus geschieht. Nicht mein geweckter und gewachsener Zorn darf regieren.
Am Ende soll das Gute über das Böse siegen und das geschieht, wenn ich auf Vergeltung verzichte und dennoch das Unrecht anprangere. Auf einen Gegenschlag zu verzichten und damit neuerliche Verletzungen zu vermeiden, das öffnet Räume für Liebe und Versöhnung.
Die Kraft der darin wohnenden Liebe darf dabei nicht unterschätzt werden. Paulus selbst war ein erbitterter Feind der ersten Gemeinden bis ihn die Liebe Christi überwunden hat. So kann die Liebe dazu führen, dass sich Gegner besinnen und ändern und damit das Gute über das Böse siegt.
Goldene Worte sind das, die Paulus da an die Römer schreibt. Man könnte sich eigentlich jeden einzelnen davon rahmen lassen, damit sie zur Geltung kommen und immer wieder daran erinnern, dass am Ende das Gute über das Böse siegt.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. AMEN.
Pastor Florian Reinecke,
Juli 2020