So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.
Liebe Gemeinde,
ich bin in meinem Leben sehr oft umgezogen. Mein Vater war Lehrer und Gymnasialrektor, später dann Pastor; das bedeutete, dass wir oft den Ort wechselten. Für mich war das ganz normal und ich fand das auch (meistens) nicht schlimm.
Ich werde es nie vergessen, als wir mal bei einem Nachfolger meines Vaters im Hause waren. Das war ja zu einem Zeitpunkt mal „unsere“ Wohnung gewesen. Ich wusste noch genau, wo alles ist: Wohnzimmer, Küche, Bad…. Alles war dort, wo es immer war. Ich hätte mich dort im Schlaf zurechtgefunden.
Aber, es war nicht mehr „unser“ Haus, „unsere“ Wohnung. Ich war nur zu Gast da, ich war ein Fremdling sozusagen. Die Möbel waren nicht unsere, das schöne Klavier und die Hausorgel standen nicht am altbekannten Ort, an den Wänden hingen fremde Bilder.
Klar, es war schön, dort zu Besuch zu sein! Aber irgendwann sind wir wieder weggefahren. Es war eben nicht mehr unsers. Wir waren dort nur zu Gast.
Ich frage mich, ob das nicht auch oftmals auf unser Glaubensleben zutrifft? Wir fühlen uns im Haus Gottes, in seiner Gegenwart, eigentlich ganz wohl. Wir wissen sozusagen, wo in dieser Wohnung das Wohnzimmer, die Küche, das Bad ist. Wir kennen uns bestens aus, wir könnten uns dort im Schlaf zurechtfinden. Wir sind auch ganz gern dort…. Aber irgendwann fahren wir wieder weg. Weil wir uns nur als Gäste verstehen.
So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.
Der Apostel Paulus macht es uns heute morgen deutlich, dass wir mehr sind! Wir sind keine Gäste und Fremdlinge im Hause Gottes, solche die zwar vorbeischauen könnten, wenn sie es denn wollten, die mal zum Kaffee oder sogar zum Essen eingeladen werden, aber dann auch wieder gehen, sondern wir sind Mitbürger und Hausgenossen. Wir sind mehr! Wir gehören dazu!
Klar, Paulus spricht hier im Epheserbrief ganz besonders die Heidenchristen an, die durch Christus nun auch zum Volk Gottes gehören. Bis dahin waren es nur die Juden, die sich als Mitbürger und Hausgenossen sahen. Aber durch den Glauben ist dieses Bürgerrecht, diese Zugehörigkeit, allen zugänglich. Und das nicht nur so halb, sondern ganz!
Und Paulus sagt daher: Ihr gehört dazu! Das ist fortan eure Wohnung! Das ist eure Familie! Da gehört ihr hin….
Ihr Lieben, diese Zusage, diese Einladung, die gilt auch uns! Wir haben bei unserer Taufe das Bürgerrecht, die Mitgliedschaft in dieser Familie und in diesem Haushalt Gottes bekommen. Letzten Sonntag konnten wir uns dessen noch vergewissern! Den Schein haben wir!
Und heute morgen werden wir daran erinnert, was das für uns bedeutet:
Wenn ich Teil einer Familie bin, wenn ich in dieser Familie zuhause bin, wenn ich dort wohne und dazugehöre, dann immer und nicht nur dann, wenn es mir passt. Mit allen Höhen und Tiefen gehöre ich nach wie vor dazu. Nicht nur dann, wenn bei mir der Kühlschrank leer ist und ich Nachschub brauche. Nicht nur dann, wenn Krisen kommen und ich plötzlich doch ein Dach über dem Kopf brauche. Nicht nur zu besonderen Anlässen (Taufe, Konfirmation, Hochzeit, Beerdigung). Nicht nur dann, wenn es mir gerade passt. Sondern IMMER.
Nochmal: Konnten wir uns letzten Sonntag vergewissern, dass wir tatsächlich dazugehören, so hören wir heute, was das für uns bedeutet. Ihr Lieben, es kann gar nichts Besseres, nichts Schöneres für uns geben, als zu dieser Familie zu gehören und dort zuhause zu sein! Es ist nämlich ein Haus, in dem es uns gut geht, in dem wir alles haben, was wir brauchen! Ein Haus, in dem Frieden herrscht. Ein Haus, wo Gott selbst der Vater und Hausherr ist – ein Vater und Hausherr, der dich liebt und nur das Beste für dich will.
Wir werden heute morgen eingeladen, umzuziehen. Einzuziehen. Vielleicht auch wieder zurückzuziehen. Wir werden eingeladen, von diesem unseren Bürgerrecht Gebrauch zu machen. Wir werden daran erinnert, dass wir Hausgenossen sind. Und gleich, an diesem Tisch, werden wir zum Essen eingeladen, nicht als Gäste und Fremdlinge, sondern als solche, die dazugehören. Ja, gerade hier, an diesem Tisch, wird genau das bestätigt und festgehalten. Hier lädt Gott selbst zum Essen ein und spricht dir zu: Das hier ist deine Wohnung! Das hier ist deine Familie! Du gehörst dazu! Du bist nicht mehr Gast und Fremdling, sondern Mitbürger der Heiligen und mein Hausgenosse.
Amen
Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Amen
Pastor Roland C. Johannes,
Juni 2020