Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, ein Bund, den sie nicht gehalten haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR; sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein.
Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den HERRN«, sondern sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.
Ihr Lieben,
„Es sind seltsame Zeiten gerade.“ Wie oft habt ihr das schon gehört, vielleicht auch aus eurem eigenen Mund. Und dieser Gottesdienst mit seinen Lesungen, so empfinde ich das zumindest, dieser Gottesdienst passt unmittelbar in diese Wochen und Monate.
Pastor Johannes erzählte mir vor Kurzem mit einem Augenzwinkern: Manche sagen der Sonntag Exaudi ist der traurigste Sonntag im Kirchenjahr. Jesus ist nicht mehr da und der Heilige Geist ist noch nicht da.
Ja, so eine Übergangszeit oder eine Zwischenzeit zu leben. das kann wirklich traurig und herausfordernd sein, aber ich sage euch, dieser Sonntag ist einer der hoffnungsvollsten in meinen Augen. Warum, dazu später mehr. Ich will mit euch erstmal hinein in den Predigttext.
Jeremia spricht diese Gottesrede zum Volk Israel. Und dass es Gottesrede ist und nichts anderes, wird insbesondere daran deutlich, dass der Prophet in diesem kurzen Abschnitt viermal sagt: ko amar jhwh – zu deutsch so spricht der Herr.
Und das ist nötig, denn das, was er da dem in der Perspektivlosigkeit des andauernden Exils versinkenden Israel ausrichtet, das kommt nicht von Jeremia selbst. Gott selbst spricht es und wie er spricht. Seine Zusage einer Zeitenwende ist ein Wendepunkt dieser Situation in der Gottes Volk gerade lebt. Sie sind schon lange nicht mehr zu Hause und das, was ihnen verheißen wird ist noch nicht eingetreten. Israel erlebt eine Übergangszeit.
Wir befinden uns auch in einer Zwischenzeit. Weit weg von der gemütlichen alltäglichen Normalität vor Corona. Bei vielen privat und beruflich, bei uns allen auf jeden Fall, was den Gottesdienst angeht. Nicht mehr so wie vorher und noch nicht so, wie es bleiben oder irgendwann sein wird. Eine ungemütliche Zwischenzeit in der wir viele Provisorien hinnehmen müssen. Das ist für viele anstrengend.
Aber in dieser Zeit von nicht mehr und noch nicht, in so einer Zwischenzeit, da sind wir besonders aufmerksam und hören genau hin, wenn da jemand etwas am Horizont aufkommen sieht, was uns Grund zur Hoffnung geben kann. Es gibt an vielen Stellen eine wahrnehmbare Sehnsucht zur Erneuerung, die Hoffnung, dass nun die Chancen genutzt werden und das, was vorher nicht gut war, nun ein Ende findet.
Ihr Lieben, an manchen Stellen passiert das zum Teil. Ein Beispiel dieser Tage ist der Skandal in der Fleischindustrie, den es schon vorher gab, aber der nun ans Licht kam und endlich angegangen wird.
Wir können die Hoffnung haben, dass das nachhaltig und endgültig geklärt und verändert wird, aber zu radikaler Veränderung wird es vermutlich nicht kommen. Schließlich stehen wir nach wie vor in dieser Welt und haben es mit Menschen zu tun. Vieles wird öffentlichkeitswirksam versprochen, aber ich befürchte es wird nicht bei der Wurzel gepackt. Warum? Weil es enorm anstrengend und im Bereich der Wirtschaft teuer ist, die Dinge radikal umzukrempeln und dennoch ist das ein guter Anfang.
Das Volk Israel wagt sich gar nicht mehr vorzustellen, was es von Jeremia in wundervollen Worten über seine Zukunft hört. Gott verspricht den Israeliten geradezu das ‚Blaue vom Himmel‘.
Aber auch sie werden erstmal daran erinnert, dass sie Menschen sind und in dieser Welt stehen. Gott hat nämlich feststellen müssen: der alte Bund, den ich mit euren Vätern geschlossen habe, als ich sie bei der Hand nahm um sie aus Ägyptenland zu führen, den habt ihr gebrochen. Und das haben sie immer und immer wieder getan. Wie oft hat Mose Gott um Vergebung für sein Volk gebeten.
Jetzt aber packt Gott das Übel bei der Wurzel. Der alte Bund ist endgültig gescheitert. Und woran? Am Menschen. Niemand ist in der Lage gewesen das Gesetz zu erfüllen, das zu diesem Bund gehört um das Ziel bzw. den Zweck des Bundes zur erreichen: Die ewige Gottesgemeinschaft, die auch hier wieder zum Ausdruck kommt.
sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein. Aber weil Gott festgestellt hat, dass das mit dem alten Bund nicht funktioniert, hat er einen neun Plan entworfen: Neuer Bund, neues Glück. Und wie er das gemacht hat ist äußerst clever. Sein Gesetz gilt noch immer. Die Gebote sind nicht aufgehoben in dem neuen Bund. Aber Gott hat die Fehlerquelle des alten Bundes isoliert und ausgeschaltet. Den Menschen und sein Tun.
Um sicherzugehen, dass sie das Gesetz nicht wieder kaputtschmeißen, wie die Gesetzestafeln oder in eine Kiste tun und damit aus den Augen verlieren, schreibt Gott sein Gesetz dieses Mal direkt in die menschlichen Herzen und in ihren Sinn und das hat er auch bei uns getan, als er uns in seine Gemeinschaft, in sein Volk aufgenommen hat.
Trotzdem erleben wir heute das, was die Israeliten immer wieder erlebt haben. Wir scheitern an Gottes Gesetz, das seinen Willen ausdrückt. Wir schaffen es nicht, seine Gebote zu halten und unser Leben so zu führen, wie es Gottes Geboten entspricht.
Was für uns aber anders ist, als für die Israeliten damals, ist, dass die Verheißung bereits begonnen hat Wirklichkeit zu werden. Derjenige, der in der Lage war das ganze Gesetz für uns zu erfüllen, also das zu tun was niemandem vor ihm gelang und niemandem nach ihm gelingen wird, ist da gewesen. Christus ist die perfekte Lösung für das weiterhin bestehende Problem, dass wir Menschen es nicht schaffen, Gott Willen mit unserem Leben zu entsprechen.
Durch ihn ist es nun möglich geworden, was Gottes Wille für alle Menschen ist: Dass wir gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Um gerettet zu werden, kommt es nicht mehr auf unser Tun an und das ist unser Glück. Und damit ist der Neue Bund bereits jetzt angebrochene Wirklichkeit für uns.
Christus selbst ist in unser Herz und in unseren Sinn geschrieben. Sobald diese Schrift verblassen sollte, wird Inschrift durch jede Begegnung mit Gott erneuert und unser Blick gerichtet auf den, der uns eine wunderbare Zukunft verheißt. Jesus Christus am Kreuz. Sein Blut ist der neue Bund, so hat er es selbst gesagt. Sein Tod ist der Grund, warum Gott auch uns unsere Missetat vergeben und unserer Sünde nimmermehr gedenken wird. Das ist der Wendepunkt, der für mich diesen Sonntag so hoffnungsvoll macht.
Das ‚nicht mehr‘ wird zu einem ‚schon jetzt‘, denn das neue Leben in Gottes Gegenwart hat bereits begonnen, wenn es auch noch nicht in seiner Fülle da ist. Aber seine Gegenwart ist uns zugesagt, dort, wo wir uns in seinem Namen versammeln, dort, wo wir Brot und Wein miteinander teilen, dort, wo wir seine Worte lesen und hören und an noch mehr Orten ist sie erlebbar.
Endlich heißt nicht mehr: ‚nicht mehr‘ und ‚noch nicht‘, sondern ‚schon jetzt‘ und ‚noch nicht‘. ‚Schon jetzt‘ ist Christus in unsere Herzen geschrieben, der, der das Gesetz erfüllt hat für uns. Aber wir sind ‚noch nicht‘ am Ziel angekommen, von dem Jesus im Wochenspruch bei Johannes redet: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.
Aber ich sage euch: Siehe es kommt die Zeit, da wird das wahr werden und wie wunderbar wird das sein, wenn Christus uns zu sich zieht. Und wenn er uns dann endlich alle unsere Tränen abwischen wird von unseren Augen und der Tod nicht mehr sein wird und kein Leid, keine Krankheit, kein Corona, kein Krebs, keine Wirtschaftssorgen, kein Geschrei nicht den Hauch eines Schmerzes. Wie wunderbar wird das sein, wenn das Alte endgültig hinter uns bleibt und das Neue vollständig geworden ist?! AMEN.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. AMEN.
Pastor Florian Reinecke,
Mai 2020